Ok. Entscheidung getroffen, Familie und Freunde eingeweiht. Was machen wir mit unseren Jobs?
Vier Monate wollen wir verreisen. Das mag für den einen zu wenig sein und für den anderen zu viel. Für uns ist es erst mal genau richtig. Wir lieben es zu Reisen, wir lieben aber auch unser Leben, das wir in Deutschland haben. Wir sind keine 25 mehr und wir haben uns etwas aufgebaut, das wir nicht aufgeben wollen. (Das ist jedenfalls unser jetziger Standpunkt, drei Monate bevor es losgeht 😉 )
Wir wollen eine gewisse Sicherheit behalten. Die einen nennen es spießig, wir packen es in die Sparte sorgenfrei leben.
Deshalb stand für uns fest: Wir beantragen ein Sabbatical.
Das Sabbatical
Das Sabbatical ist, wenn man im Job ist und diesen behalten möchte, die beste Lösung. Alle Sozialversicherungen bleiben bestehen. Man bekommt weiterhin Gehalt, allerdings reduziert und kann zwischen 3 und 12 Monaten pausieren.
Oft steht es sogar in den Arbeitsverträgen drin, dass ein Sabbatical möglich ist. Also schaut gleich mal nach 😉
Nähere Infos zum Sabbatical unter arbeitsratgeber.
Alternativen wären noch: Kündigung, unbezahlter Urlaub oder den Arbeitsplatz mit auf die Reise nehmen. Also ortsunabhängig weiterarbeiten und ggf. die Stunden reduzieren.
Die Kündigung
Eine Kündigung kam für uns nicht in Frage. Wir wollten unsere Jobs behalten. Tobias, weil er seinen Job liebt und gar nichts anderes machen möchte. Und ich, weil mein Job eigentlich ganz ok war und ich zu dem Zeitpunkt (das erste Gespräch bzgl. Sabbatical fand im Sommer 2016 statt) noch viel zu bequem, um mir evtl. nach der Reise etwas Neues zu suchen. (Auch wenn ich da schon mehr als einmal drüber nachgedacht hatte.)
Und Kündigung hieße ja außerdem: Gang zum Arbeitsamt, Papierkram, „Finde ich überhaupt was, wenn ich zurückkomme?“. Nee, darauf hatte ich keine Lust.
Unbezahlter Urlaub
Ist auch schön, wenn das geht. Muss also vom Chef genehmigt werden. Heißt aber, dass alles auf Eis gelegt wird. Das Arbeitsverhältnis ruht. Es gibt also kein Lohn und ab der fünften Woche auch keine Sozialversicherung, keine Krankenversicherung, nix. Muss man alles selbst zahlen. Ist der unbezahlte Urlaub zu Ende, muss dich der Arbeitgeber wieder neu anmelden. Also schon kompliziert für beide Seiten.
Nähere Infos auch hier unter arbeitsratgeber.
Ortsunabhängig weiterarbeiten
Das ist natürlich nicht soooo verkehrt, wenn das möglich ist. Funktioniert aber nur bei Jobs, bei denen man lediglich einen Laptop und eine Internetverbindung braucht. Ginge bei mir, aber nicht bei Tobias. Aber, hat man auch die Zeit dafür? Wenn man ständig arbeiten muss, hat man weniger von seiner Reise. Zumindest, wenn man so wie wir nur vier Monate unterwegs ist und dabei die Welt umrunden will.
Eine weitere Möglichkeit wäre noch, die Stunden zu reduzieren. Aber auch das wäre mir zu stressig geworden.
Also blieb nur das Sabbatical.
Das Gespräch mit dem Chef
Ja, dazu muss man sich dann erst mal durchringen. Und mittlerweile hätte ich auch den richtigen Spruch parat, wenn die Frage kommt: „Und wer soll sich um deine ganzen Projekte kümmern?“ Dann sage ich: „Und wer kümmert sich um mein Leben?“
(Übrigens gehört bei einem Vortrag auf dem Travel Festival von Laura vom Blog placeless. Und Recht hat sie.)
Ok, das zur Theorie. Und nun zur Praxis.
Tobias und ich sind beide gleichzeitig (also am gleichen Tag) zu unseren Vorgesetzten gegangen und haben mal vorsichtig nachgefragt. Das war im Juli 2016.
Was wir dachten:
Ach bei mir, die in einer jungen, weltoffenen Agentur arbeitet, wird das kein Problem sein. Bei Tobias, der in einem eher traditionell-konservativem Unternehmen angestellt ist, könnte es nicht so einfach werden.
Wie es dann tatsächlich war:
Bei Tobias: kein Problem. „Klar, soll er mal machen. Reisen ist doch toll und wichtig.“
Und innerhalb kürzester Zeit wurde sogar alles schriftlich fixiert.
Tobias darf ein 4-monatiges Sabbatical nehmen. Ein Teil seines Jahresurlaubs fließt mit rein. Sein Gehalt wird für einen festgelegten Zeitraum reduziert. Dafür ist es aber durchgängig. Also auch die vier Monate, wenn wir nicht da sind. Alle Sozialversicherungen, Krankenversicherung etc. bleiben bestehen. Alles easy.
Wir waren baff. Und happy.
Und bei mir so? Ja, also da hat es etwas länger gedauert …
Erste Reaktion: „Vier Monate sind ganz schön viel. Wer soll denn in der Zeit deine Kunden betreuen? Da brauchen wir erst mal Bedenkzeit.“
Ok. Klar, versteh ich.
In meinem Kopf überschlug es sich da aber schon. Was mache ich, wenn das alles nicht geht? Damit hätte ich wirklich so gar nicht gerechnet. Diesen Gedanken hatte ich bis dahin noch nicht durchgespielt.
Wir waren wieder baff.
Tja, so ist das im Leben. Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. (Doofer Spruch)
Neue Gedanken kommen auf
Innerlich machte sich bei mir aber plötzlich ein neuer Gedanke breit: Die Weltreise als Chance sehen und auch nutzen, um noch mal etwas Neues zu machen. Endlich den Hintern hochzubekommen. Denn nachgedacht hatte ich wie gesagt schon länger darüber.
Meine Komfortzone noch mal so richtig verlassen.
(Übrigens ist in dieser Phase auch der Name für unseren Blog entstanden.)
Und ehrlich gesagt, gefiel mir dieser Gedanke. Ich war irgendwann sogar schon fast so weit zu hoffen, dass mir diese vier Monate Sabbatical tatsächlich nicht genehmigt werden würden. Denn dann würde ich kündigen. Denn dann hätte ich auch für mein Gewissen einen Grund. Denn wann sonst hätten wir noch mal die Möglichkeit länger auf Reisen zu sein? Wenn wir erst mal an die Ferien gebunden sind, wird es schwierig. Es war also eigentlich schon kurz vor zwölf. Letzte Chance (vorerst). Wenn nicht jetzt, wann dann?! Life is now. Bäähm!
Aber es ist nicht einfach, wenn eigentlich alles cool ist. Die Leute sind super, ich habe einige Freiheiten, kann mir die Arbeitszeit einteilen und die Bezahlung ist auch ok (könnte halt immer besser sein 😉 ).
Es gab nur eine kleine Sache, die aber zu dem Zeitpunkt schon immer gewichtiger wurde: Ich hatte keinen Spaß mehr an meinem Job. Ich wusste nicht mehr für wen oder was ich das alles tat. Jeden Tag. Und es kam auch einfach nichts zurück. Mein ganzes Tun verpuffte im Nirgendwo. Und niemand hatte auch wirklich was davon. Und am allerwenigsten ich.
Ich konnte und kann mich mit meinem Job einfach nicht mehr identifizieren.
Nach ein paar Wochen kam dann die Antwort: „Wir können dir zwei Monate anbieten, inkl. ein Teil deines Jahresurlaubs. Aber für vier Monate schaffen wir es nicht, dich zu ersetzen. Sorry.“
Ok. Nicht mit gerechnet und doch passiert. Na ja, und das mit dem „nicht ersetzen können“ betrachte ich mal als Kompliment.
Puh. Da war sie also, die Entscheidung, auf die ich doch eigentlich schon fast gehofft hatte.
Zwei Monate kamen nicht in Frage. Wir hatten ja viel vor. Also kündigen?
Ganz so leicht habe ich es mir dann aber nicht gemacht. Diesmal brauchte ich Bedenkzeit. Ich bin eben auch kein Typ für überstürztes Handeln. Ich hüllte mich also erst mal in Schweigen. Ich wollte noch mal ganz genau darüber nachdenken. Für meinen Bauch hingegen war die Entscheidung schon längst gefallen.
Bauch gegen Kopf
Kopf sagte:
Wenn du kündigst:
- hast du mehrere Monate kein Geld.
- musst du zum Amt und dich um den ganzen komplizierten Kram kümmern.
- musst du dir einen neuen Job suchen. Und was machst du, wenn du so schnell keinen findest oder nur Jobs, die dir noch viel weniger Spaß machen?
- wirst du es sehr unbequem haben.
Bauch sagte:
Wenn du kündigst:
- kannst du die Reise antreten, die dein Traum ist und die du nur jetzt (erst mal) noch machen kannst.
- kannst du dir einen Job suchen, der dir Spaß macht und mit dem du dich identifizieren kannst.
- hast du vielleicht eine Weile kein Geld, aber noch Zeit dir etwas zurückzulegen. Und was ist schon Geld im Vergleich zu Erinnerungen?
- kommt Abwechslung in dein Leben, die du doch mal wieder gut gebrauchen könntest.
- hast du endlich mal mehr Zeit für deine Tochter. Und was ist schon Geld im Vergleich zu Zeit?
- musst du dich nicht darum kümmern wie du 6 Wochen Sommerferien in 2018 überbrücken sollst. (Denn sowohl Tobias’ als auch meine Urlaubstage wären ja so gut wie futsch.)
- hast du die Chance auf etwas Neues. Also nutze sie!
Tja, was soll ich sagen. Ich sollte einfach mal wieder öfter auf meinen Bauch hören. Damit fühle ich mich einfach besser.
Mein Bauch hatte also gewonnen.
Ich bin mir übrigens gar nicht sicher, ob meine Vorgesetzten überhaupt die Möglichkeit in Betracht gezogen hatten, dass ich kündigen würde. Ich glaube fast nicht.
Die Entscheidung mitteilen
Es war also ein Prozess, der sich zog. Aber im Februar 2017 (also über ein halbes Jahr nach meinem allerersten Gespräch und genau ein Jahr bevor unsere Weltreise beginnen sollte), gab ich meine Entscheidung bekannt. Ich werde kündigen.
Natürlich nicht sofort. Bis zur Abreise wollte ich schon noch arbeiten. (Ich brauchte ja auch das Geld :-)) ) Aber ich wollte auch allen die Möglichkeit geben sich darauf einzustellen und evtl. nach einem Nachfolger/einer Nachfolgerin zu suchen.
Die Reaktion? Ich würde sagen 50:50. Also zu 50% „Coole Sache mit der Reise!“ und zu 50% „Doof, dass du gehst.“
Ja, so war das.
Mittlerweile habe ich auch offiziell die Kündigung eingereicht. Das war noch mal der letzte Schritt, der alles besiegelt hat.
Und mittlerweile habe ich auch die Möglichkeit nach der Reise zurückzukommen. Schön zu wissen. Und man soll ja niemals nie sagen. Aber ich werde mir erst mal alles offen halten. Ich habe eine grobe Richtung, wo es hingehen soll nach der Reise, aber mehr noch nicht.
Ich freue mich auf das, was kommt. Auch, wenn es noch total ungewiss ist. Und auch wenn es vielleicht nicht einfach wird. Aber mir gibt das trotzdem gerade ein echt gutes Gefühl.
Und wie das nun so mit dem Arbeitsamt läuft? Das erzähle ich hier: Beitrag Arbeitsamt. (Da muss ich ja nun leider durch.)
Hattet ihr ähnliche Situationen mit ähnlichen Gedanken? Würde mich wirklich sehr interessieren. Also hinterlasst gerne eine Nachricht.
Liebe Grüße
Romy
Ihr wollt wissen wie wir Step by Step bei unserer Weltreiseplanung vorgegangen sind? Kein Problem, die Beiträge haben wir hier für euch verlinkt:
=> Und hier geht’s zu Weltreise to go Teil 3: Kostenplanung
2 Gedanken zu „Weltreise to go: 2.a Die Sache mit dem Job – Sabbatical oder Kündigung?“
Hey Romy,
Super das endlich auch mal jemand darüber schreibt wie schwierig die Entscheidung ist, seinen sicheren Job aufzugeben. Ich befinde mich gerade in der gleich Situation und hab micb überreden lassen gerade erstmal ne neue Stelle zu starten mit Aussicht auf ein vielleicht Sabbatical. Eigentlich bereue ich es jetzt schon, aber iwie hat das antrainierte Gedankensystem einen fest im Griff. Und das obwohl ich mit 27 Jahren bester Ausbildung , keinen Verpflichtungen und vielen Ersparnisse eig keine Angst haben sollte, aber man hat für die Karriere ja auch schon einiges getan.
In vielen social medias wird das immer so easy dargestellt aber wie lange sich das Gedankenkarussel wircklich dreht sagen wenige.
Danke dafür und tolle Reise!
Veri
Hallo Veri,
lieben Dank für deine Nachricht! Ja, das stimmt, es ist nicht so leicht. Vor allem nicht, wenn man mittendrin steckt. Ich weiß das noch sehr gut. Man ist tatsächlich wie gefangen. All das, was man sich aufgebaut hat, soll man plötzlich aufgeben. Aber eigentlich gibt man nichts auf, man gewinnt viel mehr etwas dazu. Aber das merkt man erst während oder nach der Reise. Da sieht man plötzlich alles nicht mehr so eng und stellt fest, dass es eigentlich wirklich einfach war. Man muss nur erst mal raus 🙂 Unsere Reise ist jetzt schon fast zu Ende und viele Dinge über die ich mir vorher einen Kopf gemacht habe, haben sich so gut wie in Luft aufgelöst. Dir wird es bestimmt auch so gehen. Aber tu mir einen Gefallen, wenn du das machen willst, dann mach es bitte. Du weißt ja, am Ende des Lebens bereut man nur die Dinge, die man nicht getan hat.
Alles Liebe Dir!
Romy